Dr.agr. Dr.agr. habil.
Ines von Butler-Wemken
ist Expertin
für für den Bereich Vererbung/Genetik im
wittelsbuerger.com-Expertenforum.
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Bis
zu acht Prozent aller Fohlenverluste fallen auf den Zeitraum kurz
vor bis einige Tage nach der Fohlengeburt. Doch mit konsequenter
züchterischer Sorgfalt lassen sich viele Abfohlverluste vermeiden.
Die hochtragende Stute optimal vorbereiten
Die Mutterstute benötigt im letzten Drittel der Tragezeit besondere
Aufmerksamkeit. Dies gilt für den gesamten Bereich der Fütterung
und Haltung. So fällt auch die Hauptwachstumsphase der Fohlen
in den letzten Trächtigkeitsmonat. Warmblutfohlen zum Beispiel
steigern ihr Gewicht vor der Geburt um 500 g bis zu 1000 g täglich.
Dieser Zuwachs wird nur über die Mutterstute erreicht. Sie muss
daher optimal versorgt werden. Doch die Stute darf nicht überfüttert
werden.
Auch die konventionelle Heu / Haferration mit bester Qualität
sollte zumindest immer mit einem vitaminhaltigen Mineralfutter
ergänzt werden.
Stress und Unruhe sind von der hochtragenden Stute fernzuhalten,
Auslauf im Freien muss täglich möglich sein. Die geräumige Abfohlbox
wird sorgfältig vorbereitet und gereinigt. Der Stute werden die
Eisen abgenommen und die Hufe ausgeschnitten. Vor Ende der Tragezeit
empfiehlt es sich, mit dem fachkundigen Tierarzt Kontakt aufzunehmen.
Er wird ein Mittel zur Desinfektion für die Nabelschnur des neugeborenen
Fohlens verschreiben sowie Impf- und Entwurmungsprogramm für die
Stute und für das Fohlen nach der Geburt besprechen. Der Pferdezüchter
sollte auch wissen, ob er seinen Haustierarzt in Notfällen auch
nachts erreichen kann.
Wann erfolgt die Fohlengeburt?
Nach wie vor ist es nicht möglich, den genauen Geburtstermin bei
unseren Haustieren exakt vorauszusagen. Die Tragezeit kann sich,
auch innerhalb einer Art, individuell stark unterscheiden. So
hat man bei uns für verschiedene Pferderassen mittlere Tragezeiten
zwischen 330 und 345 Tagen nachgewiesen. Hier gibt es zahlreiche
Einflussfaktoren. So tragen Ponys und Kleinpferde meist kürzer
als Kaltblutrassen. Bedeckungen im Winter verkürzen, Bedeckungen
im Sommer verlängern die Tragezeit. Hengstfohlen werden im Mittel
ein bis zwei Tage länger ausgetragen als Stutfohlen, während Zwillinge
gut 12 Tage früher geboren werden. Bei uns kann man im allgemeinen
davon ausgehen, dass 95 Prozent aller Pferdestuten zwischen dem
314. und dem 345. Tag nach der letzten Bedeckung abfohlen.
Bei wiederholter Trächtigkeit hält die Einzelstute dabei meist
ein bestimmtes Trächtigkeitsintervall deutlich ein. Die regelmäßige
Abfohlkontrolle ist heute in vielen Ställen zur unbedingten Routine
geworden. Zu hoch ist das wirtschaftliche Risiko um vermeidbare
Abfohlverluste noch zu tolerieren. Technische Hilfsmittel, wie
Kameraüberwachung, sowie Systeme, die zum Beispiel an den Stuten
auch Körpertemperatur und Gebärkontraktionen messen und über Sensoren
an tragbare Empfänger melden, können die Abfohlkontrollen gut
ergänzen.
Die Fohlengeburt dauert nur 30 Minuten
Fohlengeburten finden meist nachts, in der Zeit zwischen 21 Uhr
und 3 Uhr statt. Für den ungestörten zeitlichen Ablauf ist Ruhe
im Stall erstes Gebot. Schon die Anwesenheit unruhiger Personen
kann eine Fohlengeburt stören und sogar zeitlich unterbrechen
und aufhalten. Durchschnittlich dauert die eigentliche Geburt
nur 30-45 Minuten. Züchter, die noch keine Fohlengeburt gesehen
haben, sollten sich rechtzeitig darauf vorbereiten, auch werden
im Handel sehr gute Videoaufzeichnungen angeboten. Erfahrene Praktiker
wissen, dass sich die Stuten über wiederholte Trächtigkeiten sehr
ähnlich verhalten. In vielen Gestüten werden daher Verhalten und
Geburtszeichen für jede Stute sorgfältig notiert.
Es empfiehlt sich immer, die Austreibung des Fohlens genau zu
beobachten und der Stute nur, falls tatsächlich notwendig, zur
Hilfe zu kommen. Die Fohlen werden normalerweise in Vorderendlage
geboren. Kopf und Hals liegen auf den gestreckten Vorderbeinen.
Erst während der Geburt hat sich das Fohlen in der Gebärmutter
gedreht und in diese sogenannte Vorderendlage gebracht. Nach den
wenigen bis heute vorliegenden Untersuchungen wird das Hauptrisiko
einer verzögerten Fohlengeburt auf andere unnatürliche Geburtslagen
zurückgeführt. Hier kann es dann schnell durch Verzögerung des
Geburtsablaufs zu einer Sauerstoffunterversorgung kommen, die
das Fohlen nachhaltig schädigt. So gilt es, in solchen Notfällen
einzugreifen und fachkundige tierärztliche Hilfe in Anspruch zu
nehmen. Ist die Eihaut nach der Geburt noch geschlossen, muss
sie sofort aufgerissen werden, damit das Fohlen atmen kann und
nicht erstickt. Nach dem Abgang wird die Nachgeburt, weil möglicher
Keimträger, sorgfältig aus der Box beseitigt. Der Abriss des Fohlennabels
erfolgt, wenn die Mutterstute aufsteht. Ein Eingriff (Abnabeln,
Abbinden) sollte daher nur in Ausnahmefällen erfolgen. Die Desinfektion
des Nabels wird in den nächsten Tagen wiederholt erfolgen, da
hier höchstes Risiko zum Keimeintritt und damit zu einer Gesundheitsgefährdung
des Fohlen besteht. Es ist also durchaus angebracht auch hier
tierärztlichen Rat vorab einzuholen.
Das muss das Fohlen nach der Geburt können:
• Kopfbewegung sofort nach Geburt
• Saugreflex spätestens nach 20 Minuten
• Aufstehversuche spätestens nach 25 Minuten
• Aufstehen nach 1 Std. bis spätestens nach 2 Stunden.
• Erstes Trinken in den ersten 2 Stunden.
• Harnabsatz nach 6 bis 10 Stunden
• Fohlenpechabgang nach 3 bis 12 Stdunden.
• Körpertemperatur 37,2° C, nach 1 Std. bis 38,7°C
Fohlen und Stute genau beobachten
Das gesunde neugeborene Fohlen zeigt ganz typische angeborene
Verhaltensweisen. Unmittelbar nach der Geburt hebt es schon den
Kopf, nach 15 Minuten macht es erste Aufstehversuche und bereits
30 bis 60 Minuten nach der Geburt kann es stehen. Die Körpertemperatur
steigt dabei um fast ein Grad. Innerhalb der ersten zwei Stunden
hat es normalerweise das Euter der Mutterstute gefunden und beginnt
zu saufen. Schwache Fohlen müssen unterstützt werden. Sie werden
nach der Geburt trockengerieben und zum Saufen aufgestellt. 40
bis 60 mal wird das gesunde Fohlen in den nächsten Wochen täglich
das Euter der Mutter aufsuchen. Doch das Fohlen erhält im Mutterleib
nahezu keine Schutzstoffe gegen Krankheitserreger. Damit sich
seine Krankheitsabwehr aufbauen kann, muss es möglichst schnell
und viel von der ersten Muttermilch, die man auch Biestmilch oder
Kolostralmilch nennt, aufnehmen. Nur innerhalb der ersten 24 Stunden
nach der Geburt können die Schutzstoffe aus der Muttermilch über
den Darm in den Körper des Fohlens gelangen.
Kolostrometer und Zuckerrefraktometer sind praxisbewährte Messgeräte,
die gut zum Qualitätstest der Stutenmilch und damit auch zur Versorgungslage
des neugeborenen Fohlens im Züchterstall eingesetzt werden können.
Es ist zudem immer ratsam, den fachkundigen Tierarzt in den ersten
12 bis 24 Stunden auch nach einer normalen Fohlengeburt zu rufen,
bei schwachen Fohlen muss er eher kommen. Ist die Nachgeburt wenige
Stunden nach der Fohlengeburt noch nicht abgegangen, sollte er
zum Schutz der Mutterstute umgehend benachrichtigt werden.
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