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Empfindungen des Pferdes
während der Fahrt
Selbst das routinierteste Pferd ist einem nicht
unerheblichen Stressfaktor während der Hängerfahrt
ausgesetzt. Untersuchungen haben
ergeben, dass die Herz- und Atemfrequenz
während des Transports ansteigt. Außerdem
verlieren die Pferde während der Fahrt einiges
an Gewicht. Für Turnierreiter ist in diesem
Zusammenhang wichtig, dass durch den Gewichtsverlust
logischerweise auch eine Leistungseinbuße
zu erwarten ist. Somit ist es
angebracht, das Pferd schon einen Tag vor der
Prüfung an den Turnierort zu transportieren, obwohl
der Gewichtsverlust am nächsten Morgen
noch nicht unbedingt vollständig ausgeglichen
ist. Selbstverständlich muss man in diese Überlegungen
auch die Anfahrtsstrecke und -zeit mit
einbeziehen.
Die Auslöser für den Stress, den die Pferde empfi
nden, sind vielfältig. Einfl uss nimmt sowohl
die Hängerart (Helligkeit, Platzangebot, Komfort)
als auch verschiedene andere Faktoren wie
Gesellschaft durch andere Pferde, Witterung
(Hitze, Kälte, Nässe) und natürlich das Fahrverhalten
(Bremsen, Anfahren, Kurven). Somit
kann man als Fahrzeuglenker durchaus Einfl uss
auf den Stressfaktor für das Pferd nehmen. Berücksichtigen
sollte man auch, dass nicht jedes
Pferd einen Transport gleichermaßen stressig
empfi ndet. Pferde mit einem schlechten Gleichgewichtsgefühl
(insbesondere junge und unerfahrene
Pferde) sind automatisch einem größeren
Stress ausgesetzt.
Untersuchungen haben gezeigt, dass sich
Pferde lieber entgegen der Fahrtrichtung und
schräg stehend chauffi eren lassen. Die gängigen
Pferdetransporter sind jedoch so konzipiert,
dass die Tiere in Fahrtrichtung stehen. Wenn
man davon ausgeht, dass das Anfahrmanöver
langsamer und gleichmäßiger vonstatten geht
als das Bremsmanöver, müssen die Pferde beim
Bremsmanöver stärker ausgleichen als beim
Anfahrmanöver, also den Schwung nach vorne
abfangen. Der Schwerpunkt des Pferdes jedoch
liegt im vorderen Drittel (mehr Gewicht auf der
Vorhand), so dass das Ausgleichsmanöver beim
Bremsen noch mehr Gewicht nach vorne bringt.
Für das Pferd ist es demnach sehr schwer, das
Gleichgewicht zu halten. Dies ist möglicherweise
der Grund, weshalb Pferde lieber entgegen
der Fahrtrichtung im Anhänger stehen würden.
Durch den allgemein sehr hohen Schwerpunkt
des Pferdekörpers, wird es dem Tier auch nicht
gerade erleichtert, bei Kurven das Gleichgewicht
zu halten. Die Seitenwände müssen oft
als Stütze herangezogen werden. In diesem
Zusammenhang sollte man auch berücksichtigen,
dass das Pferd nicht „vorausschauend“
mitfahren kann. Es weiß nicht, wann die nächste
Kurve kommt, es kann also erst dann darauf
reagieren, wenn der Fahrer bereits in die Kurve
eingeschwenkt ist.
Die Balance zu halten ist für ein Pferd im Pferdeanhänger
nicht einfach. Hierfür muss insbesondere
die Muskulatur des Pferdes stark herangezogen
werden. Ein Anstieg der Aktivität
von Muskelenzymen im Blut zeigte bei Untersuchungen
die Beanspruchung der Muskulatur
deutlich. Die Beanspruchung der Muskulatur
durch den Transport kann sogar größer sein als
die Belastung bei einem Wettkampf.
Fahrtechnik
Wer noch nie mit Anhänger gefahren ist, sollte
vor dem ersten Transport eines Pferdes unbedingt
mit einem leeren Pferdehänger geübt
haben. Das „erste Mal“ kostet immer etwas
Überwindung, viele Pferdebesitzer trauen es
sich einfach nicht zu, mit Gespann zu fahren.
Dabei kann es die Situation irgendwann plötzlich
erfordern, dass man ein Pferd transportieren
muss. Vielleicht muss ein verletztes oder
krankes Pferd schnellstmöglich in die Klinik gefahren
werden und kein Helfer kann kurzfristig
zur Stelle sein. Deshalb sollte jeder Pferdebesitzer
die Fahrerlaubnis für Anhänger besitzen
(ehemaliger Führerschein der Klasse III oder
nach neuen Bestimmungen einen separaten Anhängerführerschein
der Klasse BE, will man Anhänger
fahren und die zulässige Gesamtmasse
des Zugfahrzeugs und Anhängers überschreitet
3500 kg) und das Hängerfahren entsprechend
geübt haben.
Man sollte sich zunächst von einem erfahrenen
Hängerfahrer einweisen lassen, wie man das
Auto an den Transporter heranrangiert, wie das
Ankuppeln geht und worauf man bei der Fahrt
besonders achten muss. Die jüngere Generation
lernt dies mittlerweile in der Fahrschule, wenn
sie den Hängerführerschein der Klasse BE machen
will. Die Inhaber der Führerscheinklasse
III dürfen zwar mit Anhänger fahren, allerdings
wurde dies in den meisten Fahrschulen nie
praktiziert.
Wenn man trotz Fahrschule oder aufgrund mangelnder
Routine beim Fahren mit Anhänger unsicher
ist, sollte man mit leerem Gespann öfters
ein Übungsgelände aufsuchen, um verschiedene
Fahrmanöver zu proben. Hierzu gehören das
langsame Anfahren und Abbremsen, Kurven
fahren und ganz besonders das Rückwärtsrangieren.
Gerade mit Pferden im Anhänger ist es
wichtig, beim Anfahren und Bremsen behutsam
vorzugehen. Vorausschauendes Fahren ist deshalb
ein sehr wichtiger Aspekt, um die Sicherheit
der Pferde zu gewährleisten. Man muss
immer daran denken, dass Pferde nur auf die
Bewegungen des Anhängers reagieren und sich
nicht im Vorfeld auf das Fahrmanöver einstellen
können. Das gilt nicht nur für das Anfahren und
Abbremsen. Kurven beispielsweise sollten immer
sehr langsam gefahren werden.
Man darf zudem den Radius nicht zu eng wählen,
denn der Anhänger schneidet die Kurve,
so dass man bei zu eng eingeschlagenen Wendungen
mit den Hängerreifen schon mal den
Randstein streifen kann – deshalb immer weit
ausholen und die Kurven großzügig anlegen.
Auf einem privaten Übungsgelände kann sehr
gut mit Pylonen geübt werden.
Man sollte die Hängerreifen stets im Seitenspiegel
im Auge behalten, um abzuschätzen, wieviel
Platz das gesamte Gespann hat. Das Gefühl
hierfür bekommt man relativ schnell, so dass
man nach einigen Testrunden das Gespann im
Griff haben wird.
Wenn das Vorwärtsfahren klappt, sollte man
sich an das Rückwärtsrangieren wagen. Einen
Anhänger rückwärts zu rangieren erfordert es,
das Lenkrad gefühlvoll einzuschlagen, um den
Anhänger in die gewollte Richtung zu schieben.
Die meisten Fahrzeuglenker können besser
rückwärts rangieren, wenn sie ihren Blick auch
nach hinten wenden und nicht versuchen, über
die Außenspiegel zu fahren. Rückwärts fahren
muss geübt sein, doch wenn man den Dreh erst
einmal raus hat, kann man fast jeden Anhänger
zentimetergenau einparken.
Einige Fahrregeln
Wenn man bereits im Hängerfahren geübt ist,
sollte man seine Souveränität durch sein Sicherheitsbewusstsein
zeigen. Die in Deutschland
vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit von 80km/h
darf nicht überschritten werden, wenn das Gespann keine Zulassung
für 100 km/h hat. Selbst wenn die Zeit drängt und das Zugfahrzeug
zu „mehr“ fähig ist, sollte man sich beim Fahren Zeit lassen. Zu hohe
Geschwindigkeit kann nicht nur den einen oder anderen Strafzettel einbringen,
sondern setzt vor allem die Sicherheit für alle Beteiligten aufs
Spiel. Je höher die Geschwindigkeit, desto größer ist die Gefahr, dass der
Hänger zu schlingern beginnt. Auch Bremsmanöver bringen das Pferd
eher aus dem Gleichgewicht. Man würde riskieren, dass der Vierbeiner
im Transporter hinfällt, wenn man in einer Gefahrensituation scharf
bremsen muss. Im Straßenverkehr kann es immer einmal vorkommen,
dass sofortiges, scharfes Bremsen notwendig wird.
Das heutzutage sehr hohe Verkehrsaufkommen erfordert ein umsichtiges
und defensives Fahren. Wenn man mit dem Pferdetransporter unterwegs
ist, hat man nicht nur für sich selbst und die anderen Verkehrsteilnehmer,
sondern auch für die im Transporter stehenden Pferde eine
Verantwortung. Darum ist vorausschauendes und vorsichtiges Fahren die
Voraussetzung für jeden Pferdetransport. Man sollte stets auf genügend
Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug halten und sich auch von drängelnden
Autofahrern nicht aus der Ruhe bringen lassen. Dankbar sind
viele Verkehrsteilnehmer, wenn man einen Parkplatz anfährt, um eine
Autoschlange, die sich hinter einem gebildet hat, vorbeizulassen. Insbesondere
ist dies sinnvoll, wenn die Verkehrssituation nur wenige Überholmöglichkeiten
zulässt.
Bei längeren Fahrten sollte man in regelmäßigen Abständen die Pferde
im Hänger kontrollieren. Man sollte ihnen während einer Pause Heu und
Wasser anbieten. Erfordert es die Situation, dass das Pferd ausgeladen
werden muss, sollte man dies nie auf einem Autobahnparkplatz tun,
sondern von der Autobahn abfahren und eine wenig befahrene Seitenstraße
abseits des Verkehrs wählen, um eine längere Rast einzulegen.
Ist es möglich, das Pferd auszuladen, kann man es grasen lassen oder
mit ihm etwas spazieren gehen, bevor die Fahrt weitergeht. Dies bietet
den besten Erholungsfaktor. Allerdings darf das Ausladen eines Pferdes
keinesfalls mit einem Risiko verbunden sein. Der Ort muss hierfür gut
gewählt sein. Am besten plant man schon vor Abfahrt die Pausen ein und
fährt eventuell Reitvereine für längere Pausen an, da hier die Örtlichkeit
für eine gefahrlose Entladung von Pferden gegeben ist.
Eine längere Hängerfahrt sollte man nach Möglichkeit in verkehrsruhige
Zeiten verlegen (Sonntags sind weniger LKW unterwegs) und im Sommer
ist es ratsam, nicht in der größten Mittagshitze unterwegs zu sein. Auch
wichtige Ausrüstungsgegenstände müssen an Bord sein. Hierzu gehören
Wassereimer, Heunetz, Raufutter, Erste-Hilfe-Ausrüstung, leichte Decke,
Transportgamaschen, Halfter, Führstrick und Pfl egemittel.
Quelle:
Renate Ettl für westernreiter (EWU)
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