Titel wie der „DQHA Lucky Gelding“, Gutscheine im Wert von 250 EUR für „verbandseigene Leistungen“ und mehrere „subventionierte Wallachaktionen“ reichen noch nicht aus: Die „lineare Beschreibung“ bei den Quarter Horse-Wallachen habe „sich noch nicht überall durchgesetzt“, schreibt die DQHA heute in einer Pressemitteilung geradezu euphemistisch (mehr dazu hier).
Daher beginnt sie das Zuchtjahr 2017 mit einer beachtlichen Neuerung: Sie kürt ab jetzt monatlich den „ Wallach des Monats“ aus der Riege der bisher „linear beschriebenen Wallache“ – bislang sind es 25.
Mit diesem „Titel“ steht allerdings nicht, wie in früheren Jahrzehnten, die Förderung von Wallachen im Sport im Vordergrund, um die damalige Hengstschwemme einzudämmen, sondern ausschließlich die Erweiterung der linear beschriebenen Pferde zur Phänotyp-Erfassung in der Quarter Horse-Zucht und „für die Zuchtwertschätzung ihrer Elterntiere".
Wie stark die DQHA dabei mit „noch nicht überall durchgesetzt“ untertreibt, zeigt die Anzahl der bislang gesichteten Wallache: Die 25 „linear beschriebenen Wallache“ repräsentieren rd. 0,2% der Quarter Horse-Wallache in Deutschland, eine Hauptfragestellung zur Sinnhaftigkeit der "linearen Beschreibung" generell.
Wichtigstes Merkmal der linearen Beschreibung ist ihre Repräsentativität. Erst wenn eine gesicherte Korrelation zwischen einem Merkmal oder einer Merkmalsgruppe und dem Zuchttier statistisch valide hergestellt werden kann, erfüllt die lineare Beschreibung ihren erwünschten Mehrwert gegenüber der ehemals angewandten Boniturbewertung.
Das bedeutet: Die Einbeziehung einer großen Anzahl von Tieren für die Selektion, um überhaupt ein repräsentatives Datenmaterial für weitere Ableitungen zu erhalten, ist ebenso Grundvoraussetzung für ein Modell wie der "Linearen Beschreibung" wie ihre Repräsentativität. Spiegelt das Modell nur eine einzelne Selektion der Grundgesamtheit wider, ist es nutzlos.
Beide Voraussetzungen sind bei der DQHA weder gegeben noch in
der Zukunft zu erwarten:
Stichwort Grundgesamtheit
Der niederländische Verband KWPN konnte mit 36.110 Pferden in einer Studie über 80% der Stuten linear beschrieben – die DQHA hat mit bislang rund 600 „linear beschriebenen“ Pferden nur knapp 2% der Quarter Horse-Population in Deutschland erfasst.
Und daran wird sich, bei allen Anstrengungen, auch in Zukunft garantiert nichts ändern, im Gegenteil: Die DQHA sieht mit 260 Fohlen im Jahr weniger als ein Fünftel des Jahrganges.
Damit wächst der Abstand zwischen „linear beschriebenen“ Quarter Horses und ihrer Gesamtpopulation jährlich um über 1.000 Tiere, die Aussagekraft der „linearen Beschreibung“ nimmt also allen Bemühungen zum Trotz jährlich ab!
Stichwort Repräsentativität
Jedes Element der Grundgesamtheit muss die gleiche Wahrscheinlichkeit haben, in die Stichprobe zu gelangen. Gerade das ist bei den DQHA-Zuchtschauen nicht gegeben, denn die Züchter selektieren in den meisten Fällen ihre Nachzucht zuvor. Deutlichstes Indiz dafür: 57% der Fohlen auf Fohlenschauen erhalten die höchste Einstufung (1a), von einer zufälligen Auswahl kann also überhaupt nicht die Rede sein. Mehr dazu hier.
Black Box lineare Beschreibung?
Bislang hat die DQHA nicht einmal offengelegt, mit welcher Gewichtung
die Pferde bei der "linearen Beschreibung“ beurteilt werden.
Und das soll dem Wunsch der DQHA nach so bleiben, auch wenn eine
Züchterin nun den Antrag gestellt hat, diese Beurteilung offenzulegen.
Mehr dazu hier.
Muss man sich die "lineare Beschreibung" leisten - kann man sich die "lineare Beschreibung" leisten?
Vor diesem Hintergrund drängt sich die Frage auf, ob der zusätzliche Aufwand den die DQHA für die "lineare Beschreibung" seit 2015 betreibt - Gutscheine, Prämien, Hoftermine, IT-Infrastruktur uvm., überhaupt jemals den Mehrwert erzielen wird, den die "lineare Beschreibung" verspricht.
Und wenn nicht - warum man sich diesen Mehrwaufwand dann leistet.