Auf der diesjährigen Jahreshauptversammlung
der Deutschen Quarter Horse Assn. (DQHA) haben die Mitglieder
im Rahmen der Änderung der Zuchtbuchordnung, die u.a. die Aufnahme
der „linearen Beschreibung“ umfasst, auch der Schaffung eines
Zuchtbuches für Wallache und sterilisierte Stuten zugestimmt (s.u.).
Mit der Aufnahme von nicht-zuchtaktiven Tieren in ein Zuchtbuch ist die DQHA Vorreiter aller Zuchtorganisationen in Europa, selbst Zuchtverbände wie bspw. die Oldenburger haben in ihrer teils jahrhundertealten Tradition keine Notwendigkeit gesehen, Wallache in ein Zuchtbuch aufzunehmen.
Ist es nur pure Geldschneiderei oder steckt doch mehr hinter dem „Zuchtbuch für Wallache“?
Die ehemalige DQHA-Zuchtbeauftrage Frau Dr. Bärbel Klein, erklärt in einem exklusiven Interview mit wittelsbuerger.com, was tatsächlich hinter dieser Idee steckt und was sich noch ändern sollte.
Frage: Frau Dr. Klein, ein Zuchtbuch für Wallache und sterilisierte
Stuten erschließt sich auch nach dem 2. Blick nicht auf Anhieb.
Helfen Sie uns!
Frau Dr. Klein: Die Arbeit eines Zuchtverbandes ist, möglichst
fundierte Aussagen über die von ihr betreute Zuchtpopulation zu
generieren. Hierfür ist es wichtig, möglichst viele Pferde im
Zuchtbuch zu führen bzw. sie „gesehen zu haben“, um konkrete Aussagen
über Vererbung zu treffen. Hier ist es wichtig, auf der einen
Seite die Rasseidentität zu erhalten und auf der anderen Seite
dem Zuchtfortschritt gerecht zu werden.
Fast alle Zuchtverbände bewerten Pferde im Exterieur, um sie in
ihre Zuchtbücher einzutragen. Hier spielt auch die Bewertung der
Nachzucht, sprich der Fohlen, eine wichtige Rolle, um Aussagen
über die Vererbung der Elterntiere und die Anpaarung treffen zu
können.
Bekanntermaßen besteht ca. die Hälfte unserer Zuchtpopulation
aus männlichen Tieren, die, wenn sie nicht im Deckeinsatz stehen
oder hierfür vorgesehen sind, kastriert und als Reitpferde genutzt
werden.
Auf der DQHA Jahreshauptversammlung folgte die Mehrheit der anwesenden
Mitglieder dem Vorschlag von Markus Rensing, Torsten Haier und
mir, Wallache in die Zuchtbücher der DQHA aufzunehmen. Dies ist
kein gesetzlicher Zwang für die Besitzer von Wallachen, sondern
vielmehr die Möglichkeit, durch die Bewertung von Wallachen, mehr
über die Elterntiere zu erfahren; denn statistisch ist es so,
dass, je größer die Gruppe, um so verlässlicher werden die getroffenen
Aussagen.
Frage: Wenn Sie in Zukunft konkrete Aussagen über Vererbung
treffen wollen, bedeutet das eine Erweiterung der bisherigen Praxis
der individuellen Beurteilungen um Aussagen zu den Vererbungsmerkmalen
bestimmter Blutlinien und Anpaarungen treffen zu können?
Ja, diese Aussagen konnten wir bis dato mit der hierfür notwendigen
statistischen Sicherheit nicht treffen, und dies gilt es zu ändern!
Wir müssen als Zuchtverband in beide Richtungen denken.
Wir bewerten Pferde in der Hoffnung, wie Sie sagen, dass qualitätsvoll
bewertete Pferde für die Zucht bevorzugt genutzt werden, aber
wir wollen auch, wenn diese Pferde genutzt werden, sehen, ob die
entsprechende Qualität an die Nachzucht (z.B. auch an Wallache)
weitergegeben wird. Wie wollen wir einen erblichen Einfluss auf
die Nachkommen (also bspw. Wallache) feststellen, wenn wir von
den Nachkommen nur die weiblichen Tiere im erwachsenen Alter sehen?
Mit einem Zuchtbuch für Wallache steht die DQHA bislang alleine
da in Europa. Das ist zugegebenermaßen überraschend, denn auch
in allen anderen Pferdezuchtverbänden, vor allem im Warmblutbereich,
müsste dieselbe Situation herrschen, die Sie anführen, tendenziell
würde man hier sogar den Anteil der nicht-zuchtaktiven Tiere noch
höher einschätzen.
Frage: Kennen Sie Gründe, weshalb bislang keiner der Pferdezuchtverbände
in Europa es für notwendig erachtet hat - teils mit deutlich längerer
Tradition in der Pferdezucht als die DQHA, in ihren Zuchtbüchern
Wallache aufzunehmen?
Ich weiß nicht, ob wir hier Pioniere sind, aber sicherlich ist
dieser Weg nicht allzu bekannt. Wir können aber m.E. weder unsere
Rasse mit einem Warmblut, noch unser Vorgehen mit einem deutschen
Warmblutverband vergleichen. Für alle gilt der gleiche gesetzliche
Rahmen, dies ist unstrittig, aber bei der Ausgestaltung der Zuchtbuchordnung
haben die Zuchtverbände „Spielraum“.
Üblich in Warmblutverbänden ist, dass die Zuchtbuchaufnahme immer
mindestens an eine Bewertung der äußeren Erscheinung gekoppelt
ist. Ich zitiere mal aus der Homepage des Hannoveraner-Verbandes:
„Bevor die Eintragung erfolgen kann, müssen die Zuchttiere beurteilt
werden. Diese Beurteilung findet für Stuten bei der Stutbuchaufnahme
statt. Ein Fohlen kann nur dann registriert und gekennzeichnet
werden, wenn seine Mutter spätestens im Jahr der Geburt des Fohlens
in eine Abteilung des Stutbuches eingetragen wurde.“ Daraus ergibt
sich die Verpflichtung, die Pferde beurteilen zu lassen.
Ein Beispiel: Ihr Pferd ist ein Quarter Horse. Ist er als Fohlen
vorgestellt worden?
Wenn ja, dann freut es mich! Wenn nein, so werden wir als Zuchtverband
dieses Pferd nie wieder sehen!
Frage: Kurz gesagt: Bei dem Vorstellen von Wallachen auf Zuchtschauen
und deren Aufnahme von in das DQHA-Zuchtbuch geht es vor allem
um die Erhebung und Auswertung von Daten, damit die DQHA in Zukunft
qualitative Aussagen zu Blutlinien und Anpaarungen geben treffen
kann.
Wofür sollte ich als Wallachbesitzer dann 50 EUR für die Teilnahme
an einer Zuchtschau bezahlen?
Ja, wir planen Aussagen treffen zu können, aber bitte erst ein
Schritt nach dem anderen, hierfür sind wir auf die Hilfe der Züchter
angewiesen, indem sie uns vielleicht auch mal ein Pferd vorstellen,
das vielleicht oder ganz bestimmt nicht in die Zucht geht. Dazu
würde mir wünschen, dass Zucht in der DQHA einen steigenden Stellenwert
erhält, sodass die Eintragungsgebühren sich für Besitzer eines
Wallaches im sehr kleinen Rahmen bewegen.
Frage: Wenn die DQHA in Zukunft Aussagen über die Qualität
von bestimmten Blutlinien treffen will - befürchten Sie dann nicht,
dass nur noch Züchter bestimmter Blutlinien auf Zuchtschauen gehen,
während andere bewusst fortbleiben?
Nein, denn wir als Zuchtverband können nur Hilfestellung geben,
beraten und informieren und dies möglichst statistisch gesichert
und kompetent. Der Rest bleibt dem Züchter vorbehalten und dies
soll auch bitte so bleiben, denn es gibt mehr Gründe ein Pferd
in der Zucht einzusetzen als ein gutes oder sehr gutes Exterieur!
Die Neuerungen der DQHA Mitgliederversammlung 2015
Das Vergabe des Prädikats „Elitestute“ wird erweitert:
An Stuten die nicht oder Stuten, deren Bewertung der äußeren Erscheinung unter 8,0 lagen, wird auf
Antrag das Prädikat „Elitestute“ vergeben, wenn
• mindestens zwei direkte Nachkommen auf einer DQHA-Zuchtschau mit mindestens 8,0
bewertet wurden und
• mindestens drei direkte Nachkommen ein AQHA Performance ROM (Exklusive Showmanship
at Halter) besitzen oder
• die direkten Nachkommen der Stute mindestens 10.000 € in den DQHA Haupt- oder
Regiofuturitys gewonnen haben. BR>
Lineare Beschreibung: Sie wurde auf der Versammlung
heiß diskutiert, viele Fragen geklärt und letztendlich
stimmten die Mitglieder für deren Einführung des
Bewertungs- bzw. Beschreibungssystems, um den Zuchtfortschritt
der Rasse damit besser überprüfen zu können. Hierzu
wird in Kürze ein ausführlicher Artikel veröffentlicht,
wie das System funktioniert und was die Züchter in der kommenden
Saison erwartet.
Einführung eines neuen Zuchtbuch-Abschnittes: ab sofort können
auch Wallache und sterilisierte Stuten in das Zuchtbuch
der DQHA eingetragen werden. Dieses wird sich in die
Abschnitte Herdbuch I, Herdbuch II, Basisbuch, Performance-Herdbuch
und Superior-Herdbuch gliedern. Mit der Aufnahme dieser Tiere
in das Zuchtbuch kann der Verband auch die Leistungen von Nicht-Zuchttieren
besser erfassen und somit Rückschlüsse auf die Vererbbarkeit
der Elterntiere und damit bestimmter Linien ziehen.
Auch im Sport-Bereich gab es eine Anpassung. Bisher wurden die
HighPoint und AllAround Titel nur an Pferde vergeben,
deren Besitzer bzw. Vorsteller bis 30. Juni des entsprechenden
Jahres DQHA Mitglied wurden. Dieser Stichtag wurde entfernt und
die Mitgliedschaft muss nur im entsprechenden Jahr vorliegen,
d.h. der Mitgliedsantrag muss bis spätestens 31.12. des jeweiligen
Jahres in der Geschäftsstelle der DQHA eingehen. Gewertet
werden alle AQHA Punkte des jeweiligen Jahres, welche auf DQHA
genehmigten AQHA Turnieren erreicht wurden. Da durch die Umstellung
des Mitgliedsjahres für Eintritte bis 31.12. der komplette
Jahresbeitrag fällig wird, stehen den Mitgliedern auch die
Leistungen der DQHA für das komplette Jahr zu.
Die überarbeitete
Satzung der DQHA wurde ebenfalls angenommen. Im Detail
können die Änderungen anhand der beigefügten Synopse
noch einmal nachverfolgt werden.