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Rechtsprechung: Die Haftung des Tierarztes bei der An- bzw. Verkaufsuntersuchung
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Der vorliegende Artikel versucht möglichst genau die Haftung des Tierarztes im Rahmen von Kaufuntersuchungen zu erläutern. Es bleibt aber darauf hinzuweisen, dass im Haftungsrecht immer die Umstände des Einzelfalles und die Beweislage den Ausschlag geben.
Der geneigte Leser sei gewarnt: die Lektüre dieses Artikel kann und will kompetenten Rechtsrat im Einzelfall nicht ersetzen, sie soll lediglich einen Überblick über die Problematik geben und so zum rechtzeitigen Gang zum Anwalt ermuntern.


Die Haftung des Tierarztes bei der An- bzw. Verkaufsuntersuchung

Seit dem Inkrafttreten des neuen Schuldrechts kommt Ankaufs- oder Verkaufsuntersuchungen von Tierärzten gesteigerte Bedeutung zu, weil nunmehr denkbare Ansprüche des Käufers nicht schon nach zwei Wochen ausgeschlossen sind.

Aufgrund dieses erheblich gestiegenen Haftungsrisikos hat der Pferdeverkäufer ein massives Interesse daran, den Gesundheitszustand des Pferdes zum Zeitpunkt des Verkaufs oder der Ablieferung von einem Tierarzt feststellen zu lassen, um damit gegebenenfalls den Nachweis erbringen zu können, dass zu diesem Zeitpunkt das Pferd frei von Sachmängeln war. Die Ankaufsuntersuchung dagegen dient in erster Linie den Interessen des Käufers.

Somit drängt sich die Frage auf, inwieweit der Tierarzt bei der Untersuchung gegenüber den Kaufvertragsparteien haftet.

Das Haftungsrisiko des Tierarztes ist ohne Frage seit der Schuldrechtsreform analog der Haftung des Verkäufers erheblich verschärft worden. Die Verkaufsuntersuchung dient dem Zweck, die Haftung des Verkäufers für vorhandene tiermedizinische Mängel zu dokumentieren, um durch Angabe dieser Mängel im Kaufvertrag jedenfalls insoweit eine Haftung ausschließen zu können. Kommt nun der Tierarzt seiner Pflicht zur fachgerechten und vollständigen Untersuchung, Aufklärung und Dokumentation schuldhaft nicht nach, haftet der Pferdeverkäufer, da er nicht in der Lage gewesen ist, die von dem beauftragten Tierarzt nicht festgestellten Mängel dem Käufer aufzuzeigen. Wird der Pferdeverkäufer deswegen in Anspruch genommen, so wird er versuchen, seinerseits Regress beim Tierarzt zu nehmen.

Wenn man richtigerweise annimmt, dass der Tierarzt bei der Verkaufsuntersuchung unmittelbar für den Pferdeverkäufer tätig wird, und zwar hinsichtlich der Abarbeitung des vertraglich vereinbarten Pflichtenkataloges zur Untersuchung des zu verkaufenden Pferdes, kann man durchaus zu einem erheblichen Risikopotential gelangen.

Der Untersuchungsvertrag wird als Werkvertrag qualifiziert (BGH, Urteil vom 5. 05.1983, VII ZR 174/81, OLG Koblenz, Urteil vom 25.02.2003, 3 U 1076/02, OLG Hamm, Urteil vom 26.01.2005, 12 U 121/04). Der Schaden, der aufgrund eines unrichtigen tierärztlichen Untersuchungsbefundes entstanden ist, wird seit jeher als Folgeschaden eingestuft und kann daher einen Anspruch gegen den Tierarzt begründen (OLG München, Urteil vom 6.12.1994, 25 U 4042/94) und umfasst insb. den Kaufpreis, Unterhalts- und Behandlungskosten. Dieser Anspruch steht neben dem Anspruch gegen den Verkäufer (OLG Hamm, Urteil vom 26.01.2005, 12 U 121/04) und ist nicht nachrangig, so dass der Käufer sich aussuchen kann, gegen wen er vorgeht. Für den Schaden des Auftraggebers, der aufgrund eines unrichtigen tierärztlichen Untersuchungsbefundes entstanden ist, haftet der Tierarzt aber nur dann, wenn der unrichtige Befund auf der konkreten Pflichtverletzung beruht (OLG Celle, Urteil vom 29. 07.1994, 21 U 4/94).

Allerdings ist bei der Berechnung der zu ersetzenden Beträge in Folge der Rückgängigmachung des Vertrages bzw. Minderung des Kaufpreises immer einzubeziehen, wie sich die Fehldiagnose ausgewirkt hat, wie also der Verkäufer stünde, wenn der Tierarzt richtig diagnostiziert hätte. In diesem Fall hätte der Verkäufer dann ein mangelhaftes Pferd im Stall gehabt, dass weiterhin Futter verbraucht, oder hätte im Fall des Verkaufes einen niedrigeren Preis erhalten.

Die den Tierarzt treffenden Vertragspflichten sind aber nicht auf den Pferdeverkäufer als Auftraggeber der Verkaufsuntersuchung beschränkt, vielmehr hat die Rechtsprechung hier die Rechtsfigur des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter entwickelt (OLG Schleswig, Urteil vom 09.09.1996 - 4 U 121/95, LG Verden, Urteil vom 05.10.2006 - 4 O 45/06). Diese Rechtsprechung wurde durch die Einführung des § 311 Abs. 3 BGB bestätigt.

Dadurch wird der Pferdekäufer als Adressat in eben diesen Schutzbereich der Verkaufsuntersuchung einbezogen, was bedeutet, dass der Pferdekäufer unmittelbar Berechtigter hinsichtlich der Schutzpflichten, die aus der vom Pferdeverkäufer in Auftrag gegebenen Verkaufsuntersuchung resultieren, wird.

Damit korrespondieren Ansprüche des Käufers, die er bei pflichtwidriger Vertragserfüllung unmittelbar gegen den Tierarzt geltend machen kann. Diese besondere Rechtskonstruktion wurde bis dato im tierärztlichen Bereich weitgehend unberücksichtigt gelassen, da bei einer Ankaufsuntersuchung überhaupt keine Veranlassung bestand, sich mit diesem Institut näher auseinanderzusetzen. Dieses ist aber für den Bereich der Verkaufsuntersuchung eindeutig nunmehr in dem vorbenannten Sinne zu bejahen, dass nämlich der Käufer eines mangelhaften Pferdes eigenständige Ansprüche gegen den nicht unmittelbar in seinem Auftrag tätig gewordenen Tierarzt anmelden kann.

Eine solche Haftung besteht unabhängig davon, ob der Käufer neben dem Verkäufer auch Auftraggeber der Untersuchung gewesen ist. Das hat dann zur Folge, dass der Tierarzt gegenüber dem Käufer uneingeschränkt haftet, da er mit dem Käufer mangels direktem Vertrag keine Haftungsbegrenzung vereinbaren konnte. Insbesondere im Falle der Insolvenz des Verkäufers hat dann der Käufer einen zweiten Schuldner.

Durch eine Kaufuntersuchung soll der Verkäufer möglichst umfassend und abschließend über den gesundheitlichen Zustand und die Beschaffenheit des Pferdes informiert werden, um seine eigene Ausgangsposition und damit seine mögliche Haftung im Verkaufsfall zu bestimmen. Auf der anderen Seite soll dem Käufer eine sichere Basis für seine Kaufentscheidung gegeben werden. Die tierärztliche Sorgfaltspflicht erfordert, beiden Parteien grundsätzlich alle nachteilig vom Soll abweichenden Befunde mitzuteilen Zudem wird eine gründliche Aufklärung über die Bedeutung dieser Befunde verlangt, die nicht schablonenhaft sein darf. Die Parteien erwarten von einer solchen Untersuchung, dass der Tierarzt den Käufer vor Schäden und den Verkäufer vor entsprechenden Ansprüchen bewahrt. Die Kaufuntersuchung nebst Erläuterungen stellt demgemäß eine unverzichtbare Hilfe für Verkäufer wie für den Käufer dar.

Im Fall „Ankaufsuntersuchung“ kommt zwischen dem Kaufinteressenten und dem Tierarzt ein Werkvertrag zustande, in dem sich der Tierarzt verpflichtet, für den Käufer ein Gutachten über den Gesundheitszustand des Pferdes zu erstellen und ihm damit alle notwendigen Informationen für die anstehende Kaufentscheidung an die Hand zu geben. Oft behält sich der Käufer das Recht vor, eine Ankaufsuntersuchung noch nachträglich durchführen zu lassen. In beiden Fällen erwartet der Auftraggeber vom Tierarzt Auskunft und fundierte Beratung über mögliche medizinische Mängel, um entweder vom beabsichtigten Kauf Abstand zu nehmen oder den Pferdekaufvertrag nicht zu billigen, da die Vereinbarung einer nachträglichen Ankaufsuntersuchung rechtlich als Kauf auf Probe also als bedingten Kauf (OLG Köln, Urteil vom 24.06.1994, 20 U 11/94) angesehen wird. Sollte ein derartiges Gutachten fehlerhaft sein, haftet der Tierarzt ausschließlich und allein gegenüber dem Auftraggeber, also hier dem Käufer.

Nur am Rande sei bemerkt, dass die Lösung „Kaufvertrag nach Ankaufsuntersuchung“ aus Käufersicht jedoch eindeutig vorzuziehen ist, da der Kaufinteressent bis zum Vorliegen der Befunde in seiner Kaufentscheidung frei bleibt. Beim bedingten Kaufvertrag ist in der Praxis nicht immer ganz klar, bei welchem tierärztlichen Befund eine Billigung verweigert werden darf. Deshalb sollte der Vertrag aus der Sicht des Käufers erst nach der Untersuchung geschlossen werden.

In einer Entscheidung aus dem Jahre 2001 hat erstmals das AG Arensburg (Urteil vom 02.02.2001, 44 C 673/98) verdeutlicht, dass der vereinbarte Umfang der Ankaufsuntersuchung auch maßgeblich ist für eine Haftungsbegrenzung des Tierarztes. Eine Ankaufsuntersuchung beinhalte regelmäßig nur eine durchschnittliche Allgemeinuntersuchung. Gegenstand einer durchschnittlichen Allgemeinuntersuchung sei nicht eine genaue Untersuchung entlegener Körperteile, da dies als eine spezielle Untersuchung eines Organsystems aufzufassen sei, die nur dann durchgeführt werde, wenn sie ausdrücklich in Auftrag gegeben worden sei und wenn Anhaltspunkte für weitere Nachforschungen vorliegen.

Im Fall „Verkaufsuntersuchung“, also dem Auftrag des Verkäufers an den Tierarzt, ihm ein erschöpfendes Bild über den Gesundheitszustand des zu verkaufenden Pferdes zu geben, haftet der Tierarzt im Falle einer fehlerhaften Untersuchung und eines daraus folgenden fehlerhaften Untersuchungsergebnisses in erster Linie dem Auftraggeber gegenüber. Wenn der Verkäufer aufgrund eines fehlerhaften Gutachtens „gutgläubig“ das Pferd verkauft und dann über die Mängelhaftung in Anspruch genommen wird, haftet der Tierarzt zumindest für die nutzlosen Aufwendungen des Verkäufers wie auch für die vom Verkäufer zu tragenden Kosten für die beteiligten Rechtsanwälte und einen eventuellen Gerichtsprozess. Lediglich gegenüber einem privaten Verkäufer ist wohl von einer vollen Schadensersatzhaftung des Tierarztes bei einer fehlerhaften Untersuchung auszugehen, da unterstellt wird, dass sich der korrekt aufgeklärte und beratene private Verkäufer bei der Vertragsgestaltung entsprechend abgesichert hätte, also seine Haftung hinsichtlich der vom Tierarzt nicht erkannten Mängel des Pferdes wirksam ausgeschlossen hätte.

Oft wird übergangen, dass die Haftungsgefahr bei einer Kaufuntersuchung besonders hoch ist, weil die eigentliche Haftung des Tierarztes unabhängig und losgelöst von dem eigentlichen Auftragsverhältnis zwischen Verkäufer und Tierarzt besteht. Während normalerweise nur Vertragsparteien Rechte aus einem Vertragsverhältnis für sich herleiten können, sieht dies beim Gutachtervertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten des potentiellen Käufers drastisch anders aus. Selbst wenn der Verkäufer als Auftraggeber den Tierarzt angewiesen hat, bestimmte Mängel des Pferdes zu übersehen, in einem bestimmten Sinne zu bewerten oder aber wenn der Verkäufer bewusst den Tierarzt getäuscht hat, berührt dies das Haftungsverhältnis des Tierarztes gegenüber dem begünstigten Dritten überhaupt nicht. Damit haftet der Tierarzt unabhängig von seinem jeweiligen Auftrag uneingeschränkt, wenn er seine Untersuchung und das darauf basierende medizinische Gutachten fehlerhaft erstellt.

Der BGH geht von dem Grundsatz aus, dass der Verkäufer einer Sache den Käufer nicht ungefragt über alle Umstände aus zu klären hat, die für den Kaufentschluss von Bedeutung sein können. Eine Offenbarungspflicht wird aber dann bejaht, wenn es sich um Umstände handelt, die für den Entschluss des Käufers erkennbar bedeutsam sind und deren Mitteilung der Käufer erwarten kann. Nach dieser Rechtsprechung handelt arglistig im Falle einer Täuschung durch Verschweigen einer offenbarungspflichtigen Tatsache, wer nur einen Fehler mindestens für möglich hält, gleichzeitig weiß oder zumindest damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass der Vertragsgegner den Fehler nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt abgeschlossen hätte. Wenn aber der Verkäufer bei ungefragter Offenbarungspflicht bereits arglistig handelt, wie viel eher wird von dem Tierarzt eine vollständige Offenlegung aller für die Kaufentscheidung wesentlichen medizinischen Umstände erwartet werden können und dürfen. Zu diesen Umständen zählen übrigens alle Kenntnisse des Tierarztes, die dieser über das zu untersuchende Pferd hat, unabhängig davon, wann der Tierarzt diese Informationen erhalten hat. Die berechtigten Erwartungen des Käufers an die Objektivität und die Sachkunde des Tierarztes sind eben nicht zu unterschätzen.

Auf der anderen Seite droht dem Tierarzt, wenn er nun sich auf die sichere Seite bringen will und übergründlich untersucht auch auf dem anderen Ufer die Haftung, nämlich dann, wenn er etwas diagnostiziert, was nicht da ist. Auch eine solche Falschbeurteilung führt geradewegs in die Haftung – in aller Regel gegenüber dem Verkäufer, der nun auf seinem Tier sitzen bleibt, somit keinen Gewinn, sondern weiter Kosten hat. Diesen entgangenen Gewinn und die weiterhin anfallenden Unterhaltskosten hat der Tierarzt dann zu ersetzten.





Können hier nun allgemeine Behandlungsbedingungen dem Tierarzt helfen?

Seit jeher sind Tierärzte – wie alle anderen Berufsgruppen auch – bemüht, ihr Haftungsrisiko auszuschließen oder aber so weit wie möglich zu einzugrenzen. Dies ist sowohl angesichts der Höhe der vom Tierarzt zu zahlenden Versicherungsprämien als auch hinsichtlich der Haftungsfrage gegenüber dem jeweiligen Auftraggeber und dem Dritten, der den Tierarzt in der Regel überhaupt nicht kennt und der ihm nunmehr als Anspruchsteller gegenüber tritt, durchaus verständlich. Klarstellend soll darauf hingewiesen werden, dass der Tierarzt selbstverständlich Unternehmer ist.

Der Versuch durch die Verwendung allgemeiner Behandlungsbedingungen die Haftung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu begrenzen ist zwar begreiflich, wird jedoch vom BGH seit Menschengedenken vereitelt. Da der Auftrag ja gerade auf eine fehlerfreie Behandlung gerichtet ist und es nicht zulässig sein kann durch AGB ausgerechnet die Haftung für die geschuldete Hauptleistung auszuschließen, gehen solche Versuche jedoch regelmäßig schief.

Vorgedruckte Verträge – auch Muster aus Zeitschriften – gelten nach ständiger Rechtsprechung des BGH immer als AGB, auch wenn der Verwender sich die Mühe gemacht hat, den Vertrag abzuschreiben.

Als Ausweg wird Tierärzten häufig empfohlen, durch Individualvereinbarungen die Haftung für die einfache Fahrlässigkeit auszuschließen oder doch zumindest zu begrenzen, da grundsätzlich derartige individuell gefasste Vereinbarungen auf Grund des Vorranggebotes auch von den Gerichten anerkannt werden. Das Problem an diesem Rat ist nur, dass der Weg zum Nachweis einer Individualvereinbarung derart schwierig ist, dass der Tierarzt voraussichtlich nicht beweisen kann, eine derartige Vereinbarung mit dem Auftraggeber geschlossen zu haben. Nach ständiger Rechtsprechung wird hier nicht nur ein bloßes Verhandeln, vielmehr ein „zur Disposition stellen“ jeder einzelnen Vertragsklausel gefordert. Der Tierarzt wird außerdem nachzuweisen haben, dass es dem Auftraggeber möglich war, entscheidend auf Haftungsausschluss bzw. Haftungsbegrenzung Einfluss zu nehmen. Da dieses Hindernis auch nicht dadurch übersprungen werden kann, dass sich der Tierarzt durch einen (vorformulierten) Text bestätigen lässt, dass die Haftungsklausel individualvertraglich vereinbart wurde, wird eine solche Empfehlung meist nicht weiterhelfen.

Zudem ist eine Klausel, die ausgerechnet zentrale Vertragspflichten ausschließt auch individualvertraglich nicht unbedingt zulässig.

Ebenso unsicher ist es, eine summenmäßigen Begrenzung der Haftung, etwa auf die Höhe der Vermögensschadens-Haftpflichtversicherung im Rahmen der allgemeinen Haftungsbedingungen, zu vereinbaren. Falls nämlich die Haftungssumme nicht dem regelmäßig zu erwartenden Schadensverlauf entspricht, führt auch eine Haftungsbegrenzung nach der ständigen Rechtsprechung des BGH nicht zum Ziel.

Soweit die Verjährungsfrist in den Allgemeinen Behandlungsbedingungen auf unter ein Jahr verkürzt wird, ist eine derartige Klausel unwirksam.

Eine Beschränkung der Haftung gegenüber dem begünstigten Dritten ist auch durch eine Klausel im Behandlungsvertrag nicht möglich, insbesondere sind Klauseln wie „Das Untersuchungsprotokoll dient ausschließlich der Unterrichtung des Auftraggebers. Auskünfte an Dritte sind nur mit ausdrücklicher Gestattung des Auftragnehmers erlaubt.“ oder „Die Haftung betrifft lediglich das Verhältnis zum Auftraggeber und ggf. einem im Vertrag genannten Dritten.“ nicht wirksam.

Es wird auch heute unter Hinweis auf die Unmöglichkeit einer prognostischen Beurteilung der Befunde noch vertreten, dass der Tierarzt im Rahmen der Ankaufsuntersuchung nur dann Bedenken hinsichtlich drohender Schäden äußern dürfe, wenn die drohenden Schadensverläufe nach nahezu vollständig gesicherter Erfahrung tatsächlich eintreten würden. Da es sich beim Pferd um einen lebenden Organismus handelt, der ständigen Veränderungen unterliegt, wurden und werden die Tierärzte sogar aufgefordert, keinesfalls eine Prognose abzugeben. Es sei lediglich eine Attestierung der tatsächlich festgestellten Mängel geschuldet. Diese Auffassung äußert sich in entsprechenden Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Abgesehen davon, dass diese Bedingungen auch nur im Rahmen des Vertragsverhältnis, also nicht gegenüber dem begünstigten Dritten wirken, ist die Frage des geschuldeten Leistungsumfanges des Tierarztes nach den allgemeinen Regeln der Vertragsauslegung unter Berücksichtigung der Grundsätze der ergänzenden Vertragsauslegung zu bestimmen. Hierbei kommt der Interessenlage und der erkennbaren Erwartungshaltung der Vertragsparteien unter besonderer Berücksichtigung des mit dem jeweils geschuldeten Leistungsumfang verfolgten Zwecks ganz besondere Bedeutung zu. Das Interesse des Dritten ist auf eine vollumfängliche Aufklärung über den Ist-Zustand gerichtet, um auf der Grundlage des so vermittelten Kenntnisstandes die anstehenden Vermögensdispositionen zu treffen, also schlicht und ergreifend den Kaufvertrag zu schließen oder aber Abstand davon zu nehmen. Wenn nun aber der vom Tierarzt ermittelte Ist-Zustand nicht eindeutig ist kommt es für die Kaufentscheidung entscheidend darauf an, ob aufgrund der persönlichen Erfahrungen des Tierarztes oder aber aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnis sich ein bestimmter Schadensverlauf als durchaus möglich oder aber als wenig möglich darstellt. Die voraussichtliche zukünftige Entwicklung des Pferdes ist natürlich und unbestritten von überragender Wichtigkeit für die Kaufentscheidung. Da diese Interessenlage des Käufers jedem Tierarzt bekannt ist, schuldet dieser nicht nur eine Zustandsbeschreibung, sondern auch die Mitteilung der sich hieraus ergebenden medizinischen Erkenntnisse bezüglich der wahrscheinlichen Entwicklung des Pferdes. Dabei ist jedoch keine Aufklärung geschuldet, wie sie im human-medizinischen Bereich gilt. Indessen dürfte die Aufklärungspflicht beginnen, wo ein quantifizierbares Gefahrenpotential besteht. Es kann natürlich nicht vom Tierarzt erwartet werden, dass er auch als Wahrsager tätig wird. Erwartet werden kann und somit als Vertragspflicht geschuldet ist aber die Aufklärung des Auftraggebers wie auch im Endeffekt des Käufers über diejenigen Krankheitsverläufe, die sich aufgrund der Befunde aus tierärztlicher Sicht anbieten oder zumindest ein verstärktes Risiko einer Erkrankung aufweisen.

Der Tierarzt als Experte auf seinem Gebiet haftet gem. der Rechtsprechung zur „Expertenhaftung“ und hat daher auch seine „Bedenkenhinweise“ darzulegen.


Anforderungen an eine fachgerechte tierärztliche Kaufuntersuchung

Das Protokoll einer Kaufuntersuchung ist die objektive, gewissenhafte und sachlich begründete Beurteilung eines vorgegebenen medizinischen Sachverhalts in einer für Laien verständlichen und für den Fachmann nachprüfbaren Weise. Soweit die Theorie.

In der Praxis stecken die Probleme im Detail:
Was ist im Rahmen einer kleinen oder einer umfassenden Kaufuntersuchung zu untersuchen, soweit nicht der Umfang der Untersuchung vertraglich festgelegt ist?
Darf der Tierarzt sein Vorwissen über das zu untersuchende Pferd unberücksichtigt lassen?
Wie wahrscheinlich müssen zukünftige Krankheitsverläufe sein, damit der Tierarzt sie erwähnen muss?
Wie ist das Untersuchungsprotokoll abzufassen, in wie weit sind medizinische Fachbegriffe zu vermeiden oder aber doch zumindest zu erläutern? Wie genau sind Beurteilungen zu begründen?
Ist der Bericht schriftlich niederzulegen oder reicht nicht die mündliche Information an den Auftraggeber aus?

In der Regel, beauftragt der Verkäufer den Tierarzt seines Vertrauens mit der Kaufuntersuchung. Der Titel „Tierarzt des Vertrauens“ ist aber auch Ausdruck eines Abhängigkeitsverhältnisses. Der Tierarzt wird viel tun, um seine Geschäftsbeziehung zu einem wichtigen Kunden nicht zu gefährden. Damit ist aber immanent die Objektivität des Tierarztes gefährdet, denn der Tierarzt weiß, was der Verkäufer von ihm erwartet und der Verkäufer weiß, dass der Tierarzt versucht, diese Erwartungen auch zu erfüllen. Gleiches gilt natürlich wenn der Käufer „seinen“ Tierarzt ins Spiel bringt. Doch es sei mit aller Deutlichkeit daran erinnert, dass der mit einer Kaufuntersuchung beauftragte Tierarzt dem Käufer als Dritten gegenüber nach den Maßstäben einer objektiven, gewissenhaften und sachlich begründeten Beurteilung eines vorgegebenen medizinischen Sachverhalts haftet. Zudem hat der Tierarzt eine besondere Sachkunde, aufgrund dessen der Kunde ihm einiges an Vertrauen entgegen bringt. Damit kann der Tierarzt Loyalitätskonflikt zwischen seinem ständigen Auftraggeber, in der Regel dem Pferdehändler, und dessen Vertragspartner geraten. Dieser Vertragspartner vertraut dem Tierarzt auch uneingeschränkt und hat vielleicht erst viel später Grund, dieses Vertrauen in Frage zu stellen.

Schreibt nun ein Tierarzt in seine Behandlungsbedingungen hinein, dass der von ihnen erhobene medizinische Befund auf den Erkenntnissen der Kaufuntersuchung beruht, so wird nichts anderes zum Ausdruck gebracht, als dass er seine Vorkenntnisse aus bisherigen Untersuchungen des zu verkaufenden Pferdes verdrängt. Denn manche Tierärzte tendieren nicht nur dazu, sondern wähnen sich berechtigt, bzw. gegenüber ihrem Auftraggeber sogar verpflichtet, ohne Vorwissen die Kaufuntersuchung durchzuführen, so dass sogar wenn der Tierarzt aufgrund seiner ständigen Tätigkeit erhebliche Vorerkrankungen des Pferdes kennt, die aber am Tag der Kaufuntersuchung selbst nicht nachweisbar sind, unterbleibt jeder Hinweis im Untersuchungsprotokoll. Sogar wenn aufgrund der Untersuchungsergebnisse ausreichende Gründe vorlägen, eine mögliche spätere Krankheit zu prognostizieren oder zumindest eine entsprechende Disposition für eine Erkrankung auszumachen, unterbleibt bei Tierärzten dieser Prägung oft ein entsprechender Hinweis.

Der Pferdekäufer dagegen erhofft sich gerade vom sogenannten Stalltierarzt eine vertiefte Kenntnis des angebotenen Pferdes. Daher erschließt sich auch ohne auf hehre Begriffe wie „Gewissen“, „Ethik des Tierarztes“ oder „Moral“ zurückzugreifen, dass eine bewusst eingeschränkte und eigenes Wissen ausblendende Untersuchung keinesfalls als ordnungsgemäße Kaufuntersuchung angesehen werden kann.

Weiter schuldet der Tierarzt kein fachchinesisches Untersuchungsprotokoll. Aufgrund des Zweckes der Kaufuntersuchung, sowohl Auftraggeber als auch dem Käufer, eine (Ver-)Kaufentscheidung zu ermöglichen, beantwortet sich die Frage eigentlich von selbst, ob der Tierarzt einen umfassenden schriftlichen Bericht schuldet oder aber ob er sich auf eine mündliche Erläuterung gegenüber seinem Auftraggeber beschränken kann. Das OLG Frankfurt hält eine vollumfängliche mündliche Information im Falle einer Ankaufsuntersuchung für ausreichend, da ein schriftlicher Bericht vertraglich nicht geschuldet sei, wenn der Auftraggeber und Käufer gleichlautend mündlich informieren werden. Da der Tierarzt sich im Klaren sein muss, dass das Ergebnis seiner Untersuchung für den Käufer von wesentlicher Bedeutung ist, muss er auch dafür sorgen, dass dieses Ergebnis unverfälscht dem Käufer zur Kenntnis gebracht wird. Da der Käufer zum Zeitpunkt der Kaufuntersuchung noch nicht bekannt muss, kann also ein Untersuchungsprotokoll nur dem Anforderungsprofil an eine fachgerechte Leistungserbringung genügen, wenn es in einer für den Laien verständlichen und ebenso nachvollziehbaren Weise in dauerhafter, schriftlicher Form erstellt wird.

Verletzt ein Tierarzt diesen Pflichtenkatalog, haftet er aus dem Institut des Schadensersatzes statt der Leistung. Theoretisch hat er jedoch die Möglichkeit, nachzuweisen, er habe die mangelhafte Untersuchung nicht zu verantworten. Wie dies praktisch gelingen soll, bleibt dem Gerichtsalltag überlassen.


Konkrete Schäden Was aber sind nun mögliche Schäden, die der Verkäufer vom Tierarzt ersetzt verlangen kann: Er müsste nachweisen, dass er das Tier auch mit korrekter Befundung und somit Wissen des Käufers vom Mangel zum Preis X verkauft werden können. Prozesskosten sind sicherlich ersetzbar. Unterhalt wäre meist wohl auch beim Verkäufer bei Nichtverkauf angefallen. Verzugskosten sind auch wohl eher dem Verkäufer anzulasten, obwohl vertretbar wäre, diese als aufgrund Vertrauens in die Befundung dem Tierarzt zuzuschreiben.


Zusammenfassung

Normalerweise ist es nicht selten ungünstig, auf eine schriftliche Vereinbarung zu verzichten. Doch die Ausnahme lautet, wie gesehen, Kaufuntersuchung. Denn hier liegt der Vorteil gerade darin, dass der Käufer eines Pferdes mit dem Tierarzt der Kaufuntersuchung keinerlei Vertragsbeziehung unterhält. Der Tierarzt haftet vielmehr gegenüber dem Käufer aufgrund seiner Sachkunde und des ihm als medizinischen Fachmann vom Käufer entgegengebrachten uneingeschränkten Vertrauens.
Der Tierarzt ist auch ungefragt verpflichtet ist, über sämtliche Umstände in einer für den Käufer verständlichen Sprache und unter Verzicht auf alle medizinischen Fachbegriffe aufzuklären.



Grundsätzlich sollte man seine Ansprüche nicht ohne rechtlichen Beistand verfolgen, gleiches gilt naturgemäß für die Verteidigung gegen vermeintliche Ansprüche. Hilfe bei der Anwaltssuche bietet der Deutsche Anwaltverein unter www.anwaltauskunft.de.


Mehr dazu

Rechtsprechung: Wissenswertes zum Thema Tierarzthaftung







Autor: RA Frank Richter, www.richterrecht.com


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Quelle RA Frank Richter, www.richterrecht.com

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