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Rechtsprechung: Wissenswertes zum Thema Tierarzthaftung
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Der vorliegende Artikel versucht einen Überblick über die Haftung von Tierärzten zu geben. Es bleibt aber darauf hinzuweisen, dass hier die Umstände des Einzelfalls und deren Nachweisbarkeit von entscheidender Bedeutung sind.
Der geneigte Leser sei gewarnt: die Lektüre dieses Artikel kann und will kompetenten Rechtsrat im Einzelfall nicht ersetzen, sie soll lediglich einen Überblick über die Problematik geben und so zum rechtzeitigen Gang zum Anwalt ermuntern.


Die Haftung des Tierarztes

Die Haftung von Tierärzten ist ein weites Feld. Die bekanntesten Felder sind fehlerhafte Ankaufs- bzw. Verkaufsuntersuchungen, missglückte Operationen, Fehldiagnosen und Falschbehandlungen.
Die Haftung im Rahmen von Ankaufs- bzw. Verkaufsuntersuchungen behandelt der Autor in einem gesonderten Beitrag.

Vorliegend sollen die Haftungsprobleme im Alltagsgeschäft veranschaulicht werden. Sodann soll auf Möglichkeiten der Haftungsreduktion eingegangen werden.

Das größte Problem der Tierarzthaftung ist jedoch der Nachweis, dass der Tierarzt einen Fehler gemacht hat und sich dieser Fehler schadensstiftend ausgewirkt hat. Dieses Problem ist in einem Beitrag nicht erschöpfend zu behandeln, da hier die Umstände des Einzelfalles entscheidend sind. Denn letztendlich muss dem Tierarzt in einem Gutachten sein Fehler und dessen Wirkung unter weitestgehendem Ausschluss anderer möglicher Ursachen für den Schaden nachgewiesen werden.

Wer einen Tierarzt bestellt, schließt mit ihm einen Vertrag über eine Leistung, die der Tierarzt zu erbringen und der Auftraggeber zu bezahlen hat. Die Höhe des Honorars richtet sich nach der Gebührenordnung für Tierärzte (GOT). Eine Schriftform des Vertrags ist nicht notwendig. Er kommt sogar stillschweigend zustande.


Die Aufklärung

Zunächst hat der Tierarzt die Pflicht den Eigentümer über das mit dem Eingriff verbundene Risiko ordnungsgemäß aufzuklären, da der Eigentümer als Einziger das Recht hat, Eingriffe in Körper des Tieres zu erlauben. Eine Verpflichtung des Tierarztes, unaufgefordert über alle Risiken einer Operation aufzuklären, besteht jedoch nicht (OLG Karlsruhe, Urteil vom 11.08.1980, 6 U 232/79), denn auf die Pflicht des Tierarztes, den Auftraggeber über die Gefahren einer Operation aufzuklären, sind die Grundsätze über die ärztliche Aufklärungspflicht in der Humanmedizin nicht anwendbar (BGH, Urteil vom 18.03.1980, AZ: VI ZR 39/79).


Behandlungsfehler

Der Vertrag über eine Operation oder einen bestimmten Behandlungsschritt eines Tieres ist ein Werkvertrag (OLG Karlsruhe, Urteil vom 11.08.1980, 6 U 232/79). Daher schuldet der Tierarzt hier einen Erfolg. Nach anderer Ansicht (insb. aus der Literatur und den Tierärzteverbänden) liegt hier jedoch nur ein Dienstvertrag vor, so dass der Tierarzt nur die sachverständige Durchführung, nicht jedoch einen Heilerfolg schuldet. Eine einheitliche Linie ist hier noch nicht gefunden, zumal es auch Zwischenstufen und Ausnahmen mit Rückausnahmen in den Meinungen gibt. Kriterium ist in der Regel, wie konkret der Auftrag war und wie Sicher der Erfolg einer Maßnahme ist, ob hier die ärztliche Kunst oder eine handwerkliche Fähigkeit entscheidend ist.

In jedem Fall ist aber entscheidend, wie man den Pflichtenkreis des Tierarztes definiert, was er zu bewirken und was „nur“ zu tun hat.

Schadensersatzansprüche können entstehen, wenn ein Eingriff nicht medizinisch indiziert ist, wenn der Tierarzt nicht die sicherste und risikoärmste Vorgehensweise gewählt hat oder wenn der Eingriff nicht lege artis, also nach den anerkannten Regeln der medizinischen Lehre und Praxis durchgeführt worden ist. Allerdings kann es dem operierenden Tierarzt nicht als pflichtwidriges Verhalten angelastet werden, wenn er unter mehreren Behandlungsmöglichkeiten eine bestimmte, möglicherweise risikoreichere Methode wählt, sofern er sie lege artis ausführt.

Trotz enormer Fortschritte in der Medizin sind auch die heutigen Narkoseverfahren nicht risikofrei. Deshalb muss der Tierarzt den Pferdeeigentümer über die Risiken der Narkose besonders aufklären und seine Einwilligung einholen. Ergeben sich durch die Untersuchung des Pferdes vor der Narkose Befunde, die auf ein besonderes Narkoserisiko hinweisen, muss der Tierarzt seine Aufklärung auf dieses besondere Risiko erstrecken.

Der Tierarzt hat bei einer Infusion zu beachten, dass er das erfolgversprechendste und risikoärmste Verfahren wählt. Bei gleicher Wirksamkeit muss er das Medikament in einer ungefährlicheren Weise zuführen. Will der Tierarzt, obwohl keine strenge Indikation vorliegt, eine intravenöse Injektion durchführen, muss er den Pferdeeigentümer gesondert aufklären und seine Einwilligung einholen. Für Zwischenfälle muss der Tierarzt eine Notfallapotheke griffbereit haben. Nach Beendigung der intravenösen Behandlung darf der Tierarzt das Pferd nicht sofort verlassen, sondern muss es zumindest einige Minuten lang beobachten (OLG Frankfurt, 8 U 43/85).

Ein Tierarzt kann jedoch nicht für alles verantwortlich gemacht werden. Geht ein Pferd, dem wegen Erkrankung der Atmungsorgane eine Terosot-Spritze verabreicht wurde, aufgrund einer Unverträglichkeitsreaktion an einem anaphylaktischen Schock ein, trifft den behandelnden Tierarzt hierfür keine Verantwortung (OLG Oldenburg, Urteil vom 13.05.1997). Auch muss sichergestellt sein, dass nicht andere, durch den Tierarzt nicht beeinflussbare Faktoren, den Schaden hervorgerufen haben.


Mangelbeseitigung

Im Fall eines Mangels – dessen Vorliegen sich nach dem anzuwendenden Maßstab des Werk- oder Dienstvertragsrechts richtet – muss der Eigentümer vom Tierarzt zunächst die Mängelbeseitigung verlangen.

Hierfür sollte man eine Frist setzen und androhen, dass nach fruchtlosem Fristablauf die Nacherfüllung abgelehnt wird. Wie lange die Frist sein muss, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Dringende Korrekturen sind sofort vorzunehmen. In Notfällen kann daher auf eine Fristsetzung auch verzichtet werden.

Nun ist zum Einen bei so manchem Operationsfehler mehr viel zu retten. Zum Anderen verliert der Eigentümer bei einem solchen einschneidenden Fehler schnell jegliches Vertrauen in das Können des Tierarztes. Es kann daher in gravierenden Fällen davon ausgegangen werden, dass besondere Umstände im Sinne des Gesetzes vorliegen, die den sofortigen – also ohne vorherige Fristsetzung möglichen – Rücktritt bzw. die sofortige Minderung rechtfertigen.

Andererseits kann in einem solchen Fall manchmal eine weitere Operation den Mangel beheben oder abmildern, da das Pferd noch in der Tierklinik befindlich ist und schnell geholfen werden kann, ohne das Tier erst noch transportieren zu müssen.

Alle Nachbesserungen hat der Pferdeeigentümer dann aber nicht zu bezahlen. Der Pferdeeigentümer bezahlt lediglich die Maßnahme, die er in Auftrag gegeben hat. Der zusätzliche Aufwand geht zu Lasten des Tierarztes, der die Schlechtleistung erbracht hat.

Wenn der Tierarzt innerhalb der gesetzten Frist den Mangel nicht behoben hat, kann der Pferdeeigentümer die Mangelbeseitigung nach Fristablauf ablehnen und einen anderen Tierarzt beauftragen. Die dadurch entstehenden Kosten kann der Pferdeeigentümer von dem verursachenden Tierarzt zurückverlangen.

Keine Haftung besteht hinsichtlich der Einstellkosten während der Genesung sowie für die „entgangene Lebensfreude“ des Eigentümers, weil er sein Pferd nicht reiten konnte. Die Rechtsprechung sieht in den Einstellkosten sogenannte „Sowieso- /Ehdo-Kosten“, die in jedem Fall entstanden wären (im Dialekt „eh do“) wären, unabhängig davon, ob das Pferd gesund oder krank ist. Der Eigentümer hätte das Pferd in jedem Fall unterhalten müssen.

Hinsichtlich des Nutzungsausfalles stellt die Rechtsprechung darauf ab, ob es sich um Sachen handelt, auf deren ständige Verfügbarkeit der Berechtigte für die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung typischerweise angewiesen ist. Ist das der Fall, besteht ein erstattungsfähiger Vermögensschaden. Das bedeutet, dass der Verdienstausfallschaden bei einem gewerblichen vermieteten Pferd während der Krankheit zu erstatten ist, nicht jedoch der entgangene Spaß bei einem privat genutzten Pferd.


Schadenersatz

Dem Pferdeeigentümer steht aus dem Vertragsverhältnis mit dem Tierarzt ein Anspruch auf Ersatz des durch eine fehlerhaften Behandlung eines Pferdes entstandenen Schadens in Form der Kosten für weitere tierärztliche Behandlung, Medikamente und Röntgenaufnahmen zu.

Wenn es nach einer Behandlung durch den Tierarzt zu Schäden am Pferd kommt, kann es geboten sein, die Ursachen der Schäden im gerichtlichen Verfahren durch ein Sachverständigengutachten aufzuklären. Der Pferdeeigentümer trägt die Beweislast dafür, dass eine Pflichtverletzung des Tierarzt zu dem behaupteten Schaden geführt hat.


Die Begrenzung der Haftung

Wie gesehen ist die Haftung des Tierarztes theoretisch sehr weit, und wird meist nur durch Beweisprobleme beschränkt. Daher versuchen viele Tierärzte diese Unwägbarkeiten von vorneherein auszuschließen.

Der Versuch durch die Verwendung allgemeiner Behandlungsbedingungen die Haftung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu begrenzen ist zwar begreiflich, wird jedoch vom BGH seit Menschengedenken vereitelt. Da der Auftrag ja gerade auf eine fehlerfreie Behandlung gerichtet ist und es nicht zulässig sein kann durch AGB ausgerechnet die Haftung für die geschuldete Hauptleistung auszuschließen, gehen solche Versuche jedoch regelmäßig schief.

Vorgedruckte Verträge – auch Muster aus Zeitschriften – gelten nach ständiger Rechtsprechung des BGH immer als AGB, auch wenn der Verwender sich die Mühe gemacht hat, den Vertrag abzuschreiben.

Als Ausweg wird Tierärzten häufig empfohlen, durch Individualvereinbarungen die Haftung für die einfache Fahrlässigkeit auszuschließen oder doch zumindest zu begrenzen, da grundsätzlich derartige individuell gefasste Vereinbarungen auf Grund des Vorranggebotes auch von den Gerichten anerkannt werden. Das Problem an diesem Rat ist nur, dass der Weg zum Nachweis einer Individualvereinbarung derart schwierig ist, dass der Tierarzt voraussichtlich nicht beweisen kann, eine derartige Vereinbarung mit dem Auftraggeber geschlossen zu haben. Nach ständiger Rechtsprechung wird hier nicht nur ein bloßes Verhandeln, vielmehr ein „zur Disposition stellen“ jeder einzelnen Vertragsklausel gefordert. Der Tierarzt wird außerdem nachzuweisen haben, dass es dem Auftraggeber möglich war, entscheidend auf Haftungsausschluss bzw. Haftungsbegrenzung Einfluss zu nehmen. Da dieses Hindernis auch nicht dadurch übersprungen werden kann, dass sich der Tierarzt durch einen (vorformulierten) Text bestätigen lässt, dass die Haftungsklausel individualvertraglich vereinbart wurde, wird eine solche Empfehlung meist nicht weiterhelfen.
Zudem ist eine Klausel, die ausgerechnet zentrale Vertragspflichten ausschließt auch individualvertraglich nicht unbedingt zulässig.
Ebenso unsicher ist es, eine summenmäßigen Begrenzung der Haftung, etwa auf die Höhe der Vermögensschadens-Haftpflichtversicherung im Rahmen der allgemeinen Haftungsbedingungen, zu vereinbaren. Falls nämlich die Haftungssumme nicht dem regelmäßig zu erwartenden Schadensverlauf entspricht, führt auch eine Haftungsbegrenzung nach der ständigen Rechtsprechung des BGH nicht zum Ziel.
Soweit die Verjährungsfrist in den Allgemeinen Behandlungsbedingungen auf unter ein Jahr verkürzt wird, ist eine derartige Klausel unwirksam.
Daher sind auch hier nicht viele Spielräume gegeben. Die wenigen vorhandenen sollte der Tierarzt aber durchaus nutzen.

Eine Rechtsschutzversicherung kann die nicht unerheblichen Prozessrisiken, die durch die Notwendigkeit von Gutachten ggf. verschärft werden, abfedern. Denn auch der Prozessgewinner kann auf beträchtlichen Kosten sitzen bleiben, wenn der Schuldner nicht liquide ist.



Grundsätzlich sollte man seine Ansprüche nicht ohne rechtlichen Beistand verfolgen, gleiches gilt naturgemäß für die Verteidigung gegen vermeintliche Ansprüche. Hilfe bei der Anwaltssuche bietet der Deutsche Anwaltverein unter www.anwaltauskunft.de.






Autor: RA Frank Richter, www.richterrecht.com


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Quelle RA Frank Richter, www.richterrecht.com

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