|
Stute mit Fohlen
Das Fohlen sollte aber vor dem ersten Verladen
schon halfterführig sein. Ein freies Mitlaufen
des Fohlens stellt eine Verletzungsgefahr für das
junge Pferd dar, wenn es beispielsweise neben
die Rampe tritt. Am besten ist es deshalb, wenn
ein Helfer die Mutterstute in den Hänger führt
und eine zweite Führperson das Fohlen dicht
hinter der Mutterstute nachweist. Viel Lob und
gutes Zureden helfen, wenn das Fohlen unsicher
wird. Weniger sinnvoll ist es, am Halfter zu
ziehen. Eher nützt es, an der Hinterhand etwas
anzuschieben. Vielleicht lockt auch die Stute mit
leisem Brummeln ihr Fohlen zusätzlich. Hat das
Fohlen seine Scheu überwunden und folgt der
Mutter in den Transporter, genügt diese Lektion
für den ersten Tag. Eine Fahrt mit dem Hänger
mutet man dem Fohlen erst nach mehrmaligem
Verladen zu – wenn das Fohlen beim Einsteigen
in den Hänger sicher geworden ist.
Beim Transport von Mutter und Fohlen müssen
zusätzliche Dinge beachtet werden. Die Trennwand
eines Zweipferde-Transporters muss entfernt
werden, damit das Fohlen zum Saugen an
das Euter seiner Mutter kann und der Sichtkontakt
zwischen den beiden Pferden gewährleistet
ist. Statt einer Trennwand muss eine durchgehende
Bruststange angebracht werden, damit
sich die Stute bei Bremsmanövern abstützen
kann. Zusätzlich muss die rückwärtige Klappe
geschlossen oder ein Schutzgitter angebracht
werden, damit das frei laufende Fohlen nicht
über die Rampe versucht, ins Freie zu springen.
Ängstliche und unsichere Pferde
Nun hat nicht jeder die Möglichkeit, ein junges
Pferd aufzuziehen und es von Anfang an geduldig
auszubilden. So manch älteres Pferd ist
verladetechnisch gar nicht ausgebildet worden
oder hat schlechte Erfahrungen gemacht.
Sensible Pferde sind häufi ger ängstlich und
nervös, so dass mit ihnen deutlich einfühlsamer
umgegangen werden muss als mit nervenstarken,
robusten Typen. Die Erfahrungen des jeweiligen
Pferdes spielen ebenfalls eine große Rolle
dafür, wie mit dem Tier umgegangen werden
muss. Der Pferdebesitzer muss deshalb viel Einfühlungsvermögen
haben, um sein Pferd richtig
einzuschätzen und entsprechend zu behandeln.
Dies schlägt sich auch auf das Verladetraining
nieder.
Ältere Pferde, die sich weigern, in einen Transporter
einzusteigen, haben häufi g keine guten
Erfahrungen gemacht. In diesem Fall muss der
Pferdebesitzer besonders viel Geduld und Verständnis
aufbringen, bis das Vertrauen des Pferdes
wieder hergestellt ist.
Für das Training wird ein Pferdehänger an einem
geeigneten Ort bereitgestellt, die Verladeklappe
geöffnet und die hinteren Begrenzungsstangen
entfernt. Ob die Mittelwand des Hängers zur
Seite geschoben werden soll oder nicht, wird
unterschiedlich gehandhabt. Langfristig ist es
sinnvoll, die Mittelwand gleich in seiner Mittelposition
stehen zu lassen, denn viele Pferde bekommen
erst Panik, wenn sie bereits im Hänger
stehen und die Mittelwand zugeschoben wird
(Platzangst). Wenn außerdem bereits ein zweites
Pferd im Anhänger steht, ist ein Schrägstellen
sowieso nicht mehr möglich.
Als Hilfsmittel verwendet man ein stabiles, gut
sitzendes Halfter, einen dicken und langen Führstrick
und eventuell eine Gerte. Man führt das
ängstliche Pferd an den Hänger heran, bleibt jedoch
sofort stehen, wenn sich das Tier weigert,
vorwärts zu gehen. Man sollte dem Pferd genügend
Zeit geben, den Hänger zu begutachten.
So lange das Tier nervös und unruhig ist, darf
man das Pferd nicht zwingen, vorwärts zu gehen.
Wenn es das Interesse am Pferdetransporter
verliert und ruhiger wird, kann man es zum
Weitergehen auffordern.
Oft lassen sich die Pferde ohne Probleme bis zur
Verladerampe führen. Das Betreten der Rampe
verweigern sie jedoch. Das Pferd sollte die Rampe
ausgiebig untersuchen und beschnuppern
dürfen. Man fordert es erst zum Weitergehen
auf, wenn es sein Interesse an der Rampe verloren
hat. Man muss allerdings exakt darauf
achten, dass man den Druck vom Pferd nimmt,
wenn es sich wieder mit dem Hänger beziehungsweise
seiner Aufgabe auseinandersetzt.
Setzt man das Pferd zu stark unter Druck, kann
es womöglich überreagieren und daraufhin
wegspringen, steigen oder versuchen, sich loszureißen.
Folgt das Pferd allerdings der Aufforderung,
einen Schritt vorwärts zu machen, ist ein ausgiebiges
Lob angebracht. Bekommt das Pferd
vor seiner eigenen Courage Angst und fl üchtet
rückwärts, sollte man es unbedingt gewähren
lassen! Das Pferd muss wissen, dass es sich die
Situation erleichtern kann, allerdings darf es
sich nicht von der Aufgabe abwenden. Zudem
wird das Pferd bald wieder zu der Stelle zurückkehren,
an der es schon vorher angekommen
war, wenn es damit keine negative Erfahrung
verbindet.
Erst wenn sich das Pferd wohl fühlt, sich entspannt
und beruhigt hat, wird es aufgefordert,
einen weiteren Schritt zu tun. Auf diese Weise
wird das Pferd Schritt für Schritt verladen. Es ist
äußerst wichtig, das Pferd nicht daran zu hindern,
rückwärts auszuweichen, wenn es unsicher
wird. Nur so kann es Vertrauen gewinnen.
Auch wenn das Pferd schon komplett im Hänger
steht, verzichtet man zunächst auf das Einhängen
der Stange, lässt das Pferd nochmals rückwärts
den Hänger verlassen und beginnt die
Verladeprozedur von vorne. Erst nach dreimaligem
Ein- und Ausladen wird das Pferd immer
sicherer werden und schneller in den Anhänger
gehen. Erst dann kann man die Begrenzungsstange
fi xieren und das Pferd einige Minuten im
Anhänger stehen lassen. Achtung! Aus Sicherheitsgründen
darf das Pferd erst angebunden
werden, wenn die hintere Begrenzungsstange
eingehängt worden ist. Ist das Verladen zur
Routine geworden, kann man in den nächsten
Tagen eine kleine Spazierrunde fahren. Wenn
auch dies routiniert durchgeführt werden kann,
ist der Weg frei, um nun auch auf Veranstaltungen
zu fahren.
Das Verladetraining mit einem ängstlichen
Pferd kann anfangs sogar mehrere Stunden in
Anspruch nehmen. Deshalb darf man nie unter
Zeitdruck arbeiten. Die wichtigste Komponente
ist der Aufbau von Vertrauen, das weder durch
Druck noch durch Bestechung (Leckerlis) aufgebaut
werden kann. Deshalb sind Zwangsmittel
(Longen, mehrere Helfer etc.) und Futter überfl
üssig, dafür aber Geduld, Einfühlungsvermögen,
aber auch Konsequenz und viel Lob wichtige
Faktoren für das erfolgreiche Training.
Selbstbewusste und sture Pferde
Die Aufteilung zwischen ängstlichen, sensiblen
und sturen, selbstbewussten oder eher
unsensiblen Pferden ist nur sehr oberfl ächlich.
Dennoch kann sie als Anhaltspunkt dafür dienen,
wie mit einem Pferd verfahren werden
muss. Einerseits sollte jedes Pferd Vertrauen
zum Menschen haben, andererseits muss es
ihn auch als Herdenchef respektieren. Diese
Komponenten schließen sich keineswegs aus,
allerdings muss man den Charakter des jeweiligen
Pferdes einzuschätzen wissen, um
richtig agieren zu können.
Wenn man feststellt, dass das Pferd keinerlei
Angst oder Nervosität zeigt, wenn es an den
Pferdetransporter herangeführt wird, darf
man etwas mehr Druck aufwenden, um das
Pferd dazu zu bewegen, die Verladerampe
zu betreten als bei einem ängstlichen Pferd.
Bei sehr ranghohen, sturen und selbstsicheren
Pferden dürfen nur Lektionen verlangt
werden, die man auch durchzusetzen vermag.
Viele Pferde wissen um ihre körperliche
Stärke, deshalb muss man intelligent vorgehen
und darf sich nicht auf ein körperliches
Kräftemessen einlassen. Wenn man unsicher
ist, ob man ein Pferd verladen kann, nimmt
man sich zunächst einfach nur mal vor, das
Pferd dazu zu bringen, die Vorderbeine auf
die Verladerampe zu stellen. Damit beendet
man das Training. Wichtig: Der Mensch beendet
das Training – nicht das Pferd!
Wenn das Pferd richtig gehandelt hat, lobt
man es. Folgt es aber nicht der Aufforderung,
einen Schritt vorwärts zu gehen, macht man
ihm die Situation unangenehm. Damit wird
es lernen, dass es angenehmer ist, der Aufforderung
des Menschen Folge zu leisten.
Das Pferd wird versuchen, sich aus einer unangenehmen
Lage zu befreien, indem es vorwärts,
rückwärts oder seitwärts tritt. Sobald
es vorwärts (auf den Hänger zu) schreitet,
stellt man die unangenehmen Maßnahmen
sofort ein und lobt das Tier. Wenn es rückwärts
oder seitwärts ausweicht, hält man die
Einwirkungen aufrecht.
Der „Trick“ dabei ist, dass das Pferd immer
frei entscheiden kann, was es tun will. Doch
jede Entscheidung hat eine Konsequenz. Ist
die Reaktion dem Menschen willkommen,
hat es positive Konsequenzen, sprich das
Pferd wird gelobt. Entscheidet es sich jedoch
entgegen dem Willen des Menschen, wird es
mit unangenehmen Konsequenzen konfrontiert.
Das kann von mentalem Druck bis hin
zur Strafe führen. Da das Pferd im Prinzip frei
entscheiden kann, fühlt es sich nicht in einer
Zwangslage und die Vertrauensbasis bleibt
bestehen. Langfristig wählt jedes Pferd den
angenehmeren Weg. Es hat somit zumindest
das Gefühl, selbst entschieden zu haben,
was es tut. Der Mensch hat die Entscheidung
über die Konsequenzen nur in die gewünschte
Richtung gelenkt.
Das Pferd wird zu der Auffassung gelangen,
dass es seine eigene Entscheidung war, den
Hänger zu betreten. Diese Erkenntnis braucht
es für sein Selbstbewusstsein. Es empfi ndet
das Spiel nicht als verloren, es fühlt sich also
gut dabei. Aber das Pferd hat kooperiert. Und
genau das ist das Ziel.
Quelle:
Renate Ettl für westernreiter (EWU)
Fragen? Die 20 wittelsbuerger.com-Experten helfen gerne weiter, z.B.
Petra Roth-Leckebusch für den Bereich Zucht. Zum
wittelsbuerger.com-Expertenforum gelangen Sie hier.
|